Diese Frau, die war was Besonderes. Sie lebte für die obdachlosen Menschen im grossen Berlin. Wie hat sie das gemacht, was war ihr besonderes Anliegen, wie hat sie Obdachlosigkeit verstanden?
Jenny ist verstorben. Dieser Tage in Berlin. Sie wurde 71 Jahre alt. Als erstes las ich von ihrem Tod in einer Mitteilung von Stefan Schneider, dann in einem Artikel in der Tageszeitung Berlin. Ich selbst habe sie kurz kennengelernt als sie um 2000 bereits am Berliner Ostbahnhof – in einer fensterlosen Suite -obdachlose Menschen behandelte. Wir hatten damals intensive Verbindung aus Offenburg zur Plattengruppe Köpenick, Wendenschlossstrasse. In diesem Zusammenhang wurden wir bei Besuchen in Berlin auf diese medizinische Hilfe der Frau la Torre aufmerksam. Ich war wohl mit Eberhard Schwarzbach oder Jürgen Putze-Denz dort.
Sie war von Peru als junge Frau nach Berlin/DDR gekommenen, lebte und studierte in der DDR. Wurde Medizinerin auch an der Charite. Sie ging zurück nach Peru, man anerkannte ihre Abschlüsse in der DDR nicht, warum auch immer. So kam sie zurück nach Berlin und entschloss sich, den Ärmsten der hiesigen Armen unter die Arme zu greifen. Für nichts behandelte sie diese Menschen. Ähnlich wie ein Dr. Trabert in Mainz. Der anfing in Mainz als Arzt unterwegs zu sein.
Jenny bekam Unterstützung aus der Bevölkerung und fand in Berlin – Mitte ein Quartier und hatte Geld für eine Stiftung. Diese Stiftung mit dem Gesundheitszentrum Berlin setzt ihr Lebenswerk fort.
Für Jenny war Obdachlosigkeit eine „soziale Krankheit“. Also: alleine schon die Obdachlosigkeit selbst ist eine soziale Krankheit, nicht nur ein Zustand, den man statistisch, soziologisch, politisch, ökonomisch, kulturell, alltäglich betrachten kann, sondern der schon per se eine „soziale Krankheit“ (inmitten einer Gesellschaft) ist. Also medizinische Diagnose vom Hausarzt, vom Facharzt, von der Klinik: „Soziale Krankheit“.
Später als die Wohnungslosenhilfe anfing, die Menschen per Formblatt zu erfassen oder in digitale Registrierungen zu pressen, da fehlte die Ziffer „Obdachlosigkeit als eine soziale Krankheit! per definitionem. Schade drum, aber diese Einsicht, die ist einer Jenny de la Torre zu verdanken. Das wird von ihr bleiben. Wir verneigen uns vor dieser Frau. Zu Ihren Ehren ein Zitat aus dem Artikel der taz.
Frau la Torre, zitiert in taz vom 16.06.25: „Ich möchte meinen Patienten danke sagen, dass Sie mich nicht zur Verzweiflung gebracht haben, sondern mir die Kraft und die Überzeugung gaben, dass es sich lohnt, für sie und unsere Gesellschaft zu kämpfen“.
Siehe auch den Artikel: „Die Pionierin – ein Nachruf!, taz 16.06.25, s. 7
Rs.